Zukunftsgespräch // Syriza, Podemos: Braucht es einen linken Populismus?

Gäste: Thomas Ebermann, Rail Zelik


Donnerstag 16. April 2015, 20.00 Uhr

Gerade verschieben sich knirschend die politischen Koordinaten Europas. In Griechenland hat Syriza die Parlamentswahlen gewonnen. In Prognosen für die spanische Wahl im Herbst liegt Podemos vorne. Es ist das erste Mal, dass das europäische, deutsch dominierte Krisenregime auf dieser Ebene in Frage gestellt wird. Ein Gespenst geht um – alptraumhafter Geisterfahrer für Liberale, Auferstehung einer Hoffnung und Vorschein eines europäischen Frühlings für viele Linke.

Wie schätzen wir die Situation ein? Wie erscheint sie auf der Folie einer prometheischen Politik (oder umgekehrt)? Immerhin werden hier die horizontalen Strukturen, die basisdemokratischen Prinzipien und Parteienferne, welche die Krisenproteste der ersten Etappe auszeichneten und global so attraktiv machten, aufgegeben oder – um vertikale, zentralisiertere, institutionelle Politikformen – ergänzt.

Was tun? Ohne seine Antwort teilen zu müssen, gewinnt die von Lenin aufgeworfene Frage, wie sich Widerstand nicht nur denken, sondern auch durchsetzen lässt, in diesem Moment, der ein historischer Wendepunkt sein könnte, eine enorme Dringlichkeit. Es gilt, dieser Frage nicht durch eine vage Bejahung auszuweichen – im Sinne von: Was tun! Engagiert euch! etc. – , sondern uns zu fragen, was und wie man es (das Politische) tun muss oder möchte. (Wie) lässt sich Widerstand effektiv organisieren? (Wie) können wir uns organisieren, um unsere widerständigen Potentiale virulent zu halten und zu stärken, ohne sie an das System zu verraten, aber dennoch zu Erfolgen, einem gesellschaftlichen Fortschritt, zu führen?

Der Politikwissenschaftler und Autor Raul Zelik, der nach einigen Jahren politischen Engagements bei der Gruppe FelS (Für eine linke Strömung) nun Mitglied der Partei Die Linke geworden ist, meint: Dabei kommt es weniger auf Tsipras und seine Verwaltungsmaßnahmen an, das Entscheidende des Augenblicks sei das demokratische Aufbegehren gegen die Alternativlosigkeit der Verhältnisse. Die griechische Wahl habe ein neues Feld, einen Raum eröffnet, der offen und ansteckend bleiben muss und über den wir reden müssen.

Thomas Ebermann war schon einmal an der Gründung einer Partei beteiligt, die sich als grundlegende Alternative verstand. Vor knapp 40 Jahren ging er von der K-Gruppe „Kommunistischer Bund“ zur Partei „Bunte Liste“, die 1981 in der Grün-Alternativen Liste aufging. Er muss die Grünen, zumindest potentiell, für eine radikale Partei gehalten haben und saß bis 1988 für sie im Bundestag. „Wir dachten damals, wir könnten den Tiger reiten“, meint er in einem Interview (prager frühling). 1990 hatten sich jedoch die sogenannten „Realos“ durchgesetzt. Dennoch mag Ebermann sich nicht zu einer Aussage durchringen, dass ab jetzt Revolutionäre nie wieder in Parlamenten sitzen dürften.

Zelik und Ebermann werden spielerisch miteinander und mit dem Publikum ins Gespräch gebracht. Die Spielregeln: Gespielt werden zwei Halbzeiten à 45 Minuten. In der ersten Halbzeit ziehen die beiden Diskutanten aus einer Lostrommel verschiedenfarbige, nummerierte Bälle. Die jeweiligen Nummern verweisen auf Zitate, Fragen und Stichworte. Diese Materialien regen die Diskutanten zu Statements an, für deren Ausführung sie drei Minuten Zeit haben – dann pfeift die Schiedsrichterin ab. Während dieser ersten Halbzeit hat das Publikum die Möglichkeit, Gedanken, Fragen und Kommentare auf ausgelegte Karten zu notieren, welche die Diskutanten dann in der zweiten Halbzeit beantworten müssen. Dabei ist dieses Spiel nicht auf Wettkampf, sondern vielmehr auf Austausch von Erfahrungen und der Schaffung eines transnationalen Netzwerks ausgerichtet.

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