Produktives Streiten: Erinnerungskultur
Charlotte Wiedemann / Achim Doerfer
Die Diskussionskultur befindet sich in der Krise. Es wird aus verhärteten Positionen gegeneinander angeredet, aber nicht mehr produktiv miteinander gestritten. In den Sozialen Medien herrscht bei der Konfrontation polarisierender Themen ein toxisches Klima aus Diffamierung, Moralisierung und Verspottung. Argumente auszutauschen, um sich vielleicht sogar von der anderen Meinung überzeugen zu lassen – heute beinahe undenkbar, sagt Felix Urban, einer der Herausgeber des Buchs „Produktives Streiten – Auswege aus einer defizitären Debattenkultur.“
Dieser Befund steht vielleicht symptomatisch für die Vertiefung gesellschaftlicher Gräben, wie wir sie heute überall erleben. Gruppen, Parteien und sonstige Zusammenschlüsse von Menschen kämpfen mitunter aggressiv an der Durchsetzung ihrer eigenen Partikularinteressen. Auf der Strecke bleibt dabei aber zunehmend die Möglichkeit eines Positionswechsels, die Bereitschaft sich vielleicht sogar von der gegensätzlichen Auffassung durch gute und rationale Argumente überzeugen zu lassen.
Das Auseinandertreiben der Gesellschaft spiegelt sich in ihrer Debattenkultur. Was das mit Moralisierung, gegenwärtigen politischen Kämpfen, evolutionsbiologischen Aspekten und postfaktischen Verhältnissen zu tun haben könnte und welche Auswege es aus dieser Misere gibt, diskutieren wir mit verschiedenen Gästen in unserer Reihe „Produktives Streiten - Auswege aus einer defizitären Debattenkultur?“ anhand aktueller polarisierender Themen.
Charlotte Wiedemann denkt in ihrem Essay „Den Schmerz der Anderen begreifen“ über den Holocaust und das Gedächtnis der Welt nach. Sie diskutiert mit Achim Doerfer, der sich als Nachkomme von Holocaust-Überlebenden in seinem Buch „Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen“ nach einem Gefühl auf die Suche macht, das nach dem Ende des Nationalsozialismus und dessen Verbrechen nicht nur in seiner Familie seltsam blass blieb: der Wunsch nach Vergeltung und Rache. Aus postkolonialer und jüdischer Perspektive nähern beide sich der deutschen Erinnerungskultur, kritisieren sie von unterschiedlicher Warte und loten aus, wo in diesem Spannungsfeld Übereinstimmungen und wo Differenzen bestehen.
Moderiert wird die Reihe von Ella Steinmann, die dem Publikum in inklusiver Weise während der ganzen Veranstaltung die Möglichkeit geben wird, sich an dem produktiven Miteinander zu beteiligen. Wir laden herzlich dazu ein, Mitstreiter*in zu werden!
Die Veranstaltungsreihe ist Teil des Projekts „politisiert euch!“.
Weitere Informationen und Veranstaltungen des Projekts sind unter politisiert-euch.de zu finden.
Gefördert von der lokalen Partnerschaft für Demokratie Mülheim an der Ruhr im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“
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