Leitbild

Der Ringlokschuppen Ruhr ist ein Koproduktionshaus für zeitgenössisches Theater, Performance und Tanz in Mülheim. Regional und international agierende Künstler*innen, aktuelle Gesellschaftsdiskurse und vielfältige Kunstformen treffen hier aufeinander. Das Programm changiert zwischen avancierten Arbeiten der freien Szene, Nachwuchspositionen und Populärkultur. Künstler*innen öffnen diverse Zugänge und Perspektiven für eine vielfältige Ruhrgebietsregion.

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Seit 2006 baut das Ringlokschuppen-Team kontinuierlich ein umfassendes Künstler*innennetzwerk auf, bundesweit und international. Das Haus blickt mit vielen Gruppen und Kollektiven auf langjährige Arbeitsbeziehungen zurück. Darüber hinaus praktiziert der Ringlokschuppen Ruhr partnerschaftliche Zusammenarbeiten mit Theatern und Festivals sowie mit sozialen Einrichtungen, Schulen und Universitäten. Bei der Nachwuchsförderung nimmt das Haus eine Schüsselrolle ein. Künstler*innen bieten sich im Ringlokschuppen künstlerische Freiräume für erste eigene und darauf aufbauende Projekte, sowie umfassende Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten. Im Bereich SelberMachen lädt der Ringlokschuppen Menschen aller Altersgruppen dazu ein, sich unabhängig von Vorerfahrungen im Bereich Performance, Tanz und Theater in Workshop- oder Produktionsformaten auszuprobieren. Neben der Vielzahl von Arbeiten im Theater initiiert das Haus regelmäßig partizipatorische Projekte im Stadtraum, wie aktuell die Silent University Ruhr - eine Plattform für geflüchtete Akademiker*innen in der Mülheimer Innenstadt.

Seit seiner Anfangszeit hat der Ringlokschuppen Ruhr immer wieder neue Ansätze verfolgt und Anstöße aufgenommen, um ein Ort für Viele zu werden. Programmatisch wird seit langem an einer Öffnung und Verflechtung gearbeitet. Während auf Bühne 3 eine zeitgenössische Performance neue ästhetische Wege einschlägt, kann auf Bühne 2 in unterschiedlichen Partyformaten getanzt werden und auf Bühne 1 reißt eine über YouTube bekannte Comedienne das Publikum mit. So entsteht Raum, in dem Begegnungen zwischen unterschiedlichen Besucher*innen und Künstler*innen möglich werden. Des Weiteren ist die Silent University als Langzeitprojekt im Stadtraum Mülheim an der Ruhr seit 2015 nicht nur zu einem wichtigen Netzwerkknoten geworden, sie setzt auch wesentliche Impulse für die Fortentwicklung der Mehrsprachigkeit, der Vermittlungsangebote und Übersetzungspraktiken, sowie der Diversifizierung des gesamten Hauses.

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Der Ringlokschuppen Ruhr tritt dafür ein, dass sich Kulturorte an der Gestaltung eines sich ständig verändernden Kulturbegriffs proaktiv beteiligen. Vielfältig, multiethnisch und postmigrantisch – unsere Gesellschaft befindet sich in einem stetigen Wandel. Diese Realität wollen wir in unserem Haus auf allen Ebenen (re)präsentieren. Das ist essenziell, weil Institutionen mit ihrer Arbeit gesellschaftliche Normalität erzeugen können. Kultur ist nicht naturwüchsig, sondern ein ständiger Aushandlungsprozess. Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielfalt sind grundsätzlich zu begrüßen. Nur so können wir zukünftig zu einem Ort der Vielen werden.

Um diesem deutlich näher zu kommen, formulieren wir folgende Ziele:

Wir setzen uns für eine diversitätssensible Öffnung im Bereich Personal ein. Der Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte und People of Colour im Team des Ringlokschuppens soll offensiv erhöht werden und in Zukunft den gesellschaftlichen Gegebenheiten entsprechen. Menschen mit Migrationsgeschichte und People of Colour werden ausdrücklich dazu eingeladen, sich auf neu ausgeschriebene Stellen zu bewerben. Zudem verschreiben wir uns einer strukturellen Öffnung innerhalb des Teams, die eine Wiederholung tradierter Hierarchien ablehnt und eine gemeinschaftliche Arbeitshaltung und niederschwellige Aneignungsprozesse fördert. Dazu gehört auch die Aneignung einer Sensibilität und die Entwicklung klarer Handlungsweisen gegenüber verschiedenen Formen von Ausgrenzung und Diskriminierung, insbesondere Rassismus.

Wir setzen uns für eine diversitätssensible Öffnung unseres Publikums ein. Wir verschreiben uns einer weiteren Öffnung zur Stadtgesellschaft und bekennen uns dazu, diese nicht auf Internationalität zu reduzieren. Stattdessen wollen wir die Glokalität von Mülheim und der Ruhrregion, d. h. die vorhandene, international vernetzte Vielfalt potenzieller Publika ansprechen und repräsentieren. Die Bedürfnisse der Besucher*innen (Übersetzung/ Kinderprogramm/ Vermittlungsformate) können der Ausgangspunkt für eine Beziehung zwischen Ringlokschuppen Ruhr und seinen Publika sein. Ambivalenzen sehen wir als Chancen und wichtige Impulse für eine Multiperspektivität innerhalb des Hauses, die als Grundlage für eine Weiterentwicklung zu einem transkulturellen Ort dienen.

Wir setzen uns für eine diversitätssensible Öffnung des Programms ein und zielen langfristig auf eine Hybridisierung ab. So kann von einer Interkultur des Nebeneinanders zu einer transkulturellen Form des Miteinanders übergegangen werden, ohne Notwendigkeit weiterer, kultureller Abgrenzung. Transkulturalität als solche bedeutet, dass die Begegnung unterschiedlicher oder gar gegensätzlicher Kulturen als Konsequenz zu einer Verwischung oder Aufhebung der Grenzen führen kann. Dazu gehört für uns auch eine Durchmischung von Sparten, Ästhetiken und Ausdrucksformen. Mehrsprachigkeit und Übersetzungspraxis werden zu diesem Zweck zunehmend fester Bestandteil künstlerischer Prozesse. Ansatz für eine solche Praxis ist die Bereitschaft zum Austausch unterschiedlicher Lebensformen, Wertehaltungen und Weltanschauungen sowie die Infragestellung vermeintlich unveränderbarer Traditionen zu Gunsten einer lebendigen Kultur der Gegenwart.

Das Profil des Ringlokschuppen Ruhr bedarf einer Praxis der proaktiven, andauernden Veränderung, der konstanten Selbstbefragung in einem offenen Modus des Ausprobierens ohne Anspruch, jemals abgeschlossen zu sein.